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Mussie Zerai und die Abschottungspolitik

Haben Geflüchtete das Menschenrecht, nach Glück zu streben? Der Aktivist Father Mussie Zerai berichtete gestern auf einer Veranstaltung von Ubuntu Passion Art im Frankfurter Haus am Dom über die Lage an den südlichen Außengrenzen der Europäischen Union, über die Menschen, die ihre Heimat verlassen und unter den grauenhaftesten Bedingungen nach Europa kommen.

Der katholische Priester eritreischer Herkunft engagierte sich schon für Geflüchtete, als sie noch überwiegend über Land kamen. Inzwischen ist das Mittelmeer die tödlichste Grenze weltweit. Seenotrettung ist Hashtag, deutsche Medien berichten über Rettungsaktionen engagierter Weißer. Hilfsaktionen von Menschen aus den Herkunftsländern von Geflüchteten kommen dagegen kaum vor, ebenso die Perspektive der Betroffenen. Der Film „Lifeboat-Experiment“ mit gewöhnlichen Deutschen in der Rolle der Geflüchteten machte selbst uns im Großen Saal verständlich, welcher Schrecken nur mit einer Überfahrt im Schlauchboot verbunden ist.

Was wir dabei nicht auf dem Schirm haben: Das undokumentierte Massensterben der Geflüchteten, bevor sie das Meer überhaupt erreichen, deren Situation in den Lagern, in denen sie aufgrund von EU-Verträgen festgehalten werden, wo sie nicht ausreichend versorgt werden, wo sie Grauenhaftes erleben. Besonders in Libyen sei es so, als habe man dem Dieb den Schlüssel zur Bank gegeben und ihn zum Oberaufseher gemacht, so Mussie Zerai. Die EU schließe Verträge mit Failed States und deren kriminellen Organisationen ab und ziehe sich zurück.

Das zeige, so der Gottesmann mit dem goldenen Kreuz auf der Brust, dass die Abschottungspolitik der EU nicht zum Ziel hat, Fluchtursachen zu beseitigen und die Lage in den Herkunftsländern zu verbessern, sondern nur, Geflüchtete aus Europa mit allen Mitteln fernzuhalten. Allenfalls dürfen die kommen, die gut ausgebildet sind und Geld mitbringen können: Damit wir Europäer unsere Imperialer Lebensweise aufrecht erhalten können, nicht teilen müssen, nicht hinsehen brauchen.

Im August forderte Kanzlerin Merkel die Wiedereinführung der staatlich organisierten Seenotrettung von Flüchtlingen. Am 24. Oktober stimmten EU-Abgeordnete über eine neue Europäische Seenotrettungmission ab, um das Sterben im Mittelmeer zu beenden. Die Abgeordneten von CDU/CSU stimmten – zusammen mit der AfD! – geschlossen dagegen.