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Der jüdische Friedhof bei Rödelsee

Gerade heute ein Ort des Gedenkens und der Mahnung: Der jüdische Friedhof zwischen Rödelsee und Iphofen im Bayern, also in CSU-Land.

Der Friedhof, 1432 erstmals erwähnt, vermutlich noch älter, sei einer der größten noch erhaltenen Ruhestätten für Deutsche jüdischen Glaubens in Deutschland, heißt es auf der Tafel am Eisentor mit dem großen Vorhängeschloss. Um 1920 wird da ein Ehrenmal für die jüdischen Deutschen errichtet, die im ersten Weltkrieg fürs Vaterland gefallen sind. 1929, 1932 und 1936 wird der Friedhof geschändet. Im November 1938 stecken örtliche SS-Leute die Leichenhalle in Brand. 1942 wird der Friedhof geschlossen. 1945 werden SS-Leute zu Instandsetzungsarbeiten verpflichtet. 1950 wird die Ruine des Leichenhauses abgerissen und der Waschstein als Gedenkstein aufgestellt, den 1981 „Unbekannte“ zerstören. Heute schlagen führende CSU-Politiker wieder nationalistische Töne an, als hätten sie nichts aus der schrecklichen Geschichte des 20. Jahrhunderts in Deutschland gelernt.

Den „Judenfriedhof“, wie der Ort auf dem Wegweiser von Rödelsee her heißt, findet die Besucherin mit dem Schlüssel zum Eingangstor erst nach längerem Herumirren in der sommerheißen Landschaft und mehrfachen Nachfragen bei geschäftigen Bauern, darunter ein Italiener, auch ohne Ortskenntnisse: Ein großes ummauertes Gelände, darauf ein Häuschen mit Davidstern und stellenweise aufragende Grabsteine in enger Reihung, dazwischen grasbewachsene Wiesen, anscheinend grasbewachsen, die versunkenen Grabsteine sind bei genauerer Betrachtung gerade noch zu sehen. Ein freigemähter Pfad lässt auf regelmäßige Pflege schließen. Er führt an diesem Sommertag durch eine ländliche Idylle mit Gezwitscher und Gebrumme, mit Wildblumen und Schmetterlingen verschiedener Sorte. Die Grabsteine tragen Inschriften auf Hebräisch auf der einen, auf Deutsch auf der anderen Seite, landesübliche Namen und Inschriften, unvergessen, geliebt, soll in Frieden ruhen. Auf einer neueren schwarzen Granitplatte: Rachel Annie, Gattin eines Herrn Frank aus Columbus, Mass. in Amerika: Migriert wurde zu allen Zeiten.

Hinterlegt ist der Schlüssel zum Friedhof neuerdings am Empfang des Schwanbergs. Zum Schlüssel gehört ein dickes Gästebuch, mit zeittypischen, eher abwehrenden Eintragungen seit September 1996, das als historisches Dokument gelegentlich digitalisiert werden sollte.

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